Befunde dokumentieren
Eine gerichtsfeste Dokumentation der Verletzungen ist unverzichtbar!Ohne Zweifel hat die Behandlung von Verletzungen der*des Gewaltbetroffenen höchste Priorität. Wenn die Frage der klinisch-medizinischen Versorgung geklärt ist, muss die klinische Sicht im Interesse Ihrer Patientin bzw. Ihres Patienten um die forensische Sichtweise erweitert werden.
Die Dokumentation der Verletzungen sollte in dreifacher Form erfolgen:
1. Schriftform (verbale Beschreibung)
Rahmenbedingungen und Sachverhaltes
- Wer untersucht?
- Welche Personen sind anwesend?
- Wo und wann wird untersucht?
- Was soll sich wann, wo und wie genau ereignet haben?
- Hier möglichst wörtliche Rede!
Allgemeine Feststellungen:
- Körperhöhe, Körpergewicht?
- Allgemeinzustand? (ggf. auch Pflegezustand)
- Psychischer Befund? (Beschreiben Sie, ohne zu werten!)
- Hinweise auf Erkrankungen?
- Hinweise auf Beeinflussung durch zentralnervös wirksame Substanzen (Drogen, Alkohol, Medikamente)?
- Sonstige Besonderheiten?
Verletzungen/Zeichen der Fremdeinwirkung:
- Dokumentieren Sie alle (!) Verletzungen, nicht nur die klinisch relevanten!
- WO? Exakte Lokalisation!
- WAS? Art der Verletzung! (auch hier bitte beschreiben, nicht werten!)
- WIE? Detaillierte Beschreibung des Befundes! (Maße, Form, Beschaffenheit, Färbung und ggf. Schmerzhaftigkeit)
Beispiele
- „Außen-streckseitig am mittleren Drittel des linken Oberarmes eine quer gestellte, grau-livide Hautunterblutung von 1,7 x 0,5 cm.“
- „Im linken oberen Bereich des Venushügels, 4,3 cm entfernt von der Mittellinie, eine parallel zur Körperlängsachse gestellte, rötliche Oberhautschürfung von 1,7 x 0,5 cm.“
- „Streckseitig unmittelbar unterhalb der linken Kniescheibe eine 5,5 x 2,5 cm messende, rötliche Hautschürfung mit anhaftenden Schmutzpartikeln.“
2. Schemazeichnung mittels Körperschema-Vordruck (s. Abb.)
Dokumentationsbögen zum Herunterladen:
3. Digitale Fotografie (s. Abb.)
Neben der schriftlichen Dokumentation hat auch die Fotodokumentation einen entscheidenden Stellenwert. Beachten Sie dabei am besten die folgenden Ratschläge:
- ausreichende Raumbeleuchtung: sowohl mangelnde Beleuchtung als auch Blitzlicht können die Bildqualität verschlechtern. Achten Sie daher auf genügend, möglichst indirekte Beleuchtung. Raumlicht ist meist besser geeignet als fokussierte Untersuchungsleuchten.
- lotrechter Aufnahmewinkel: Wird eine Verletzung aus einem schrägen Winkel fotografiert, kann deren Form verfälscht werden. Achten Sie daher darauf, die Verletzung im 90°-Winkel zu fotografieren. (s. Schaubild)
- Maßstab/Farbskala: Maßstäbe mit integrierter Farbskala (z. B. „Med.DocCard©“) helfen bei der späteren Beurteilung. Als improvisierte Lösung kann ein Urinteststreifen dienen. Achten Sie darauf, dass Maßstab und Verletzung aus Sicht der Kamera in derselben Ebene liegen.
- Bildschärfe: Auch bei eingestelltem Autofokus kann die Kamera manchmal auf das falsche Objekt fokussieren. Achten Sie darauf, dass die Verletzung im Bildfokus liegt, also scharf dargestellt wird.
- Übersichts- und Detailaufnahmen: Machen Sie zunächst eine Übersichtsaufnahme einer betroffenen Körperregion, anschließend Detailaufnahmen sämtlicher dort sichtbarer Verletzungen.
- Übersichtsaufnahmen dienen der späteren Orientierung und Lokalisation. Achten Sie also darauf, dass neben der Verletzung auch die betroffene Körperregion/Körperseite auf dem Foto zu erkennen ist. Beispiel: Im Falle einer Verletzung in der Ellenbeuge fotografieren Sie den gesamten Unterarm einschließlich der Hand – daraus kann man nachher leicht rekonstruieren, um welchen Arm es geht.
- Detailaufnahmen dienen der genaueren Beurteilung der Verletzung. Achten Sie daher darauf, dass möglichst die gesamte Verletzung im Bild ist. Gerade bei der Detailaufnahme sind Aufnahmewinkel, Maßstab/Farbskala sowie Bildschärfe besonders wichtig.
Beispiel-Fotografien: