Häusliche Gewalt

Gefahr in einem (ehemals) geborgenen Umfeld

Der absichtliche Gebrauch von angedrohtem oder tatsächlichem körperlichem Zwang oder physischer Macht gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft, der konkret oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt.

Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Geschieht Gewalt im häuslichen Umfeld bzw. unter Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten familiären, ehelichen oder eheähnlichen Beziehung, dann spricht man von Häuslicher Gewalt. Dieser Begriff wird häufig in erster Linie mit Schlägen bzw. anderer körperlicher Gewalt verbunden, doch sie kann deutlich vielfältiger sein:

Festhalten, schubsen, schlagen, treten, würgen, drosseln, mit Waffen/Gegenständen verletzen, Essensentzug, Schlafentzug etc.

Beschimpfen, erniedrigen, drohen, für verrückt erklären, Kinder als Druckmittel einsetzen etc.

Sexualisierte Sprache, zum Ansehen pornografischer Darstellungen zwingen, zu sexuellen Handlungen nötigen/zwingen, vergewaltigen etc.

Kontakte verbieten, kontrollieren, sozial isolieren, Auto-/Fahrrad(schlüssel)/Fahrkarte wegnehmen, einsperren etc.

Geld in geringen Mengen zuteilen bzw. entziehen, Arbeitsverbot oder -zwang etc.

Gewalt, die von einer*einem Partner*in oder nahen Angehörigen ausgeht, ist anfangs für die Betroffenen oft nur schwer als solche wahrnehmbar. Mit der Zeit entwickelt sich jedoch ein Klima der Anspannung, Angst und Bedrohung. Gewalteskalationen werden oft durch banale Anlässe ausgelöst, durch einen Streit, bei dem beispielsweise der Mann die Kontrolle über die Situation durch Gewalt sichern will. Darauf folgen häufig Entschuldigungen und Reueerklärungen, und der Partner verspricht, dass es sich um einen außerordentlichen, einmaligen Vorfall gehandelt hat und dass es nicht wieder vorkommen werde. Danach beginnt oft eine Zeit verstärkter Zuwendung mit Geschenken usw., Betroffene und Täter verhalten sich so, als wäre nichts geschehen. Die Frau hofft, dass sich die Gewalteskalation nicht wiederholt, und versucht, alles zu tun, um die Spannung niedrig zu halten. Vor sich selbst verharmlost sie ihre Belastung und die Gefährlichkeit der Situation, vor anderen verheimlicht sie sie. Erst mit der Zeit merkt die Frau, dass sie das immer stärker werdende gewalttätige Verhalten ihres Partners nicht beeinflussen und kontrollieren kann, auch wenn sie versucht, Situationen der Konfrontation zu verhindern, um Gewaltausbrüche zu vermeiden. Dieses Bemühen stellt sich als Illusion heraus: Der Zyklus der Gewalt hat begonnen, die Gewalteskalationen ereignen sich immer öfter und werden gefährlicher. Die Frau befindet sich in einem Dauerzustand von Unsicherheit, Angst, Bedrohung und Belastung.

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Auszüge aus dem Experteninterview mit der Direktorin des Institutes für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf, Frau Prof. Dr. Ritz-Timme:

Jeder hat ab und zu Streit mit dem Partner– Aber wo beginnt häusliche Gewalt? Häusliche Gewalt kann sehr vielseitige Facetten haben. Es muss nicht immer so sein, dass geprügelt wird oder dass getreten oder vergewaltigt wird. Es kann auch sein, dass der Personalausweis weggenommen wird, dass verboten wird auszugehen, dass der Kontakt zu anderen Menschen verboten wird – alles das ist auch schon Gewalt.

Wie häufig tritt häusliche Gewalt auf? Häusliche Gewalt ist ein Phänomen, das es leider sehr häufig gibt. Wir wissen aus gut belegten Studien, dass es so ist, dass etwa 40% aller Frauen im Lauf ihres Lebens Gewalt erfahren und es ist fast ausnahmslos häusliche Gewalt. Wir wissen auch, dass es wahrscheinlich auch sehr viele Männer und auch unglaublich viele Kinder betrifft, entweder dadurch, dass sie selbst misshandelt werden oder dadurch, dass sie miterleben müssen, dass Erwachsene sich misshandeln.

Warum verlassen die Geschädigten Ihren Partner so selten? Die Geschädigten verlassen ihre Partner häufig zumindest nicht sofort, weil sie nicht wissen, wie die Gewaltspirale funktioniert. Sie wissen nicht, dass es nach der ersten Gewalt erstmals zu etwas kommt, das Honeymoon-Phase genannt wird, d.h. es ist eine gewisse Entlastung da in der Beziehung, es geht wieder ganz gut und dann sind insbesondere Frauen so, dass sie sagen: „Oh jetzt wird alles wieder prima, jetzt wird alles wieder gut!“. Im Hintergrund läuft aber die zugrundeliegende Störung weiter, schaukelt sich wieder auf, es kommt zum nächsten Gewaltausbruch und der nächste Gewaltausbruch ist in der Regel immer schlimmer. Und dann kommt noch dazu, dass viele – gerade Frauen – einfach Angst haben und Drohungen ausgesetzt sind.

Das gesamte Interview mit weiteren Fragen zu dem Thema „Gewalt“ finden Sie hier.