FAQ für Betroffene
Zum 01.03.2025 ist in Nordrhein-Westfalen die Neuregelung der Vertraulichen Spurensicherung in Kraft getreten. Die folgenden FAQ informieren Sie als Betroffene und Angehörige zu den wichtigsten Fragen.Wie erfahre ich, ob eine Klinik in meiner Region die Vertrauliche Spurensicherung anbietet?
Hinweise zu örtlichen Angeboten finden sich im Opferschutzportal des Landes NRW.
Die Kliniken im iGOBSIS-Netzwerk finden Sie hier.
Informationen vor Ort erhalten Sie in der Regel bei den örtlichen Frauenberatungsstellen, Frauennotrufen oder Gleichstellungsstellen.
An welche Abteilung kann ich mich in meiner Klinik wenden?
Die meisten Untersuchungen erfolgen in den gynäkologischen Ambulanzen oder den Notfallambulanzen.
Zu empfehlen ist, telefonisch die Zuständigkeit der jeweiligen Abteilung zu erfragen.
Wie lange nach einer Tat kann ich eine Untersuchung durchführen lassen?
Die Untersuchung, Versorgung und Befunddokumentation nach einer Gewalttat sollten möglichst zeitnah erfolgen. Je nach vorhandenen Spuren oder Verletzungen variiert die Möglichkeit eines gerichtsverwertbaren Nachweises. Dies ist ggf. auch nach mehreren Tagen noch möglich. Eine medizinische Untersuchung und Behandlung ist jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt noch sinnvoll.
Zögern Sie nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen – am besten bei einer Klinik aus unserem iGOBSIS-Netzwerk-, auch wenn Sie befürchten, dass Nachweise evtl. nicht mehr vorhanden sind.
Mit welchem Zeitaufwand für die Untersuchung muss ich rechnen?
Die Untersuchung und Beweissicherung können ca. eine bis zwei Stunden in Anspruch nehmen.
Es ist auch zu beachten, dass je nach Uhrzeit und vorhandenem Personal in den Kliniken mit Wartezeiten gerechnet werden muss.
Welche Kosten entstehen für mich als Betroffene/n?
Wenn eine Klinik iGOBSIS-Vertragspartner ist, entstehen für Sie als Betroffene/r keine Kosten für die Vertrauliche Spurensicherung.
Welche konkreten Abläufe und Untersuchungen erwarten mich?
Der Ablauf der Untersuchung ist standardisiert, die Ärztinnen und Ärzte sind dafür speziell geschult. I.d.R. gehören dazu ein Informationsgespräch/ Anamnese, eine körperliche und ggf. erforderliche gynäkologische Untersuchung. Falls notwendig, werden Verletzungen behandelt und Maßnahmen zu Ihrem weiteren gesundheitlichen Schutz geklärt. Ggf. kann es ferner erforderlich sein, Sie zu weiteren Untersuchungen oder Behandlungen an eine andere Abteilung/Institution oder niedergelassene Praxis zu überweisen. Darüber werden Sie von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten informiert.
Darf ich eine Begleitung mitbringen?
Die Begleitung und Unterstützung zur Klinik durch Angehörige oder Freund*innen kann für Betroffene sehr wichtig und hilfreich sein, wenn diese es wünschen. Die Anwesenheit während der Untersuchung/Befunddokumentation sollten Sie mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten absprechen.
Habe ich das Recht, von einer Person des gleichen Geschlechtes untersucht zu werden?
Falls Sie dies wünschen, fragen Sie bitte auf jeden Fall danach. Wenn es aufgrund des vorhandenen Personals möglich ist, wird die Klinik dem Wunsch sicher nachkommen.
Kann ich vorher die Kleidung wechseln oder duschen? Was muss ich zur Untersuchung mitbringen?
Wenn es für Sie möglich ist, reinigen, waschen oder duschen Sie sich nicht nach der Tathandlung, auch wenn es schwer fällt. Waschen Sie sich auch nicht die Hände. Bringen Sie alle zur Tatzeit getragenen Kleidungsstücke ungereinigt mit in die Klinik. Auch benutzte Hygieneartikel oder benutzte Handtücher o.ä. sollten mitgebracht werden. Bewahren Sie diese Dinge in luftdurchlässigen Behältnissen auf (z.B. in einer Papiertüte. Keine Plastiktüte benutzen!).
Wird die Polizei von der Klinik benachrichtigt?
Nein; es sei denn, Sie wünschen es. Sie allein entscheiden, ob oder wann Sie die Polizei einschalten möchten. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Eine ärztliche Anzeigepflicht gibt es nicht. Niemand darf ohne Ihr Einverständnis die Polizei kontaktieren. Es sollte jedoch geklärt werden, ob eine akute Bedrohungssituation besteht und welche Schutzmaßnahmen dafür erforderlich sind.
Bitte teilen Sie der Polizei im Fall Ihrer Anzeigeerstattung mit, dass eine Vertrauliche Spurensicherung mit iGOBSIS erfolgt ist und wo Sie untersucht wurden.
Kann ich eine Strafanzeige jederzeit zurückziehen?
Eine Strafanzeige bezüglich einer schweren Straftat, wie beispielsweise einer Vergewaltigung, ist nicht ohne Weiteres wieder zurückzunehmen. Denn sobald der Anfangsverdacht einer Straftat begründet ist, leiten Polizei oder Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein. Grundsätzlich gilt dabei im Strafprozessrecht in diesen Fällen das Legalitätsprinzip, auch Strafverfolgungszwang genannt. Der von der Polizei erstellte Vorgang wird nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Der Polizei ist es nicht erlaubt, das Strafverfahren einzustellen.
Die Befugnis, ein Strafverfahren vorzeitig zu beenden, besitzt allein die Staatsanwaltschaft. Wird ein eingeleitetes Verfahren nicht eingestellt, wird von der Staatsanwaltschaft die Klage vorbereitet (§ 170 StPO).
Wo bekomme ich sonst noch Hilfe nach einer Gewalttat?
Die beteiligten Kliniken sind mit den örtlichen Hilfseinrichtungen vernetzt und sollten auch deren Informationsmaterial oder die Adressen weitergeben. Die örtlichen Beratungsstellen und sonstige Hilfseinrichtungen finden Sie aber auch im Opferschutzportal des Landes NRW.
Es gibt auch überregionale Hilfetelefone, die mehrsprachig und auch online erreichbar sind, wie das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch oder das Männerhilfetelefon.
Wie lange werden Asservate gelagert?
In der Regel für 5 Jahre. Auch Kleidungsstücke werden nach 5 Jahren Lagerung vernichtet.
Wer erhält wann Zugriff auf meine Asservate?
- Sie selbst können Ihre Asservate bei dem zuständigen Institut für Rechtsmedizin anfordern. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass bei jeder Herausgabe von Asservaten die Beweiskette unterbrochen ist und die Asservate dann ggf. im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens nicht mehr verwendet werden können. Dies gilt auch für Kleidung. Sollten die Asservate direkt an die Polizei übergeben werden, bleibt damit die Beweiskette erhalten.
- Außer an den Transportdienstleister, der Ihre Asservate – nach Vorzeigen eine Dienstausweises – von Ihrer besuchten Klinik zur Lagerung in das kooperierende Institut für Rechtsmedizin bringt, werden die Asservate an niemanden ohne Ihre Schweigepflichtentbindung herausgegeben.
Kann die Polizei im Fall einer Anzeige automatisch auf die Dokumentation und Asservate meiner Untersuchung zurückgreifen?
Nein. Auch die Polizei kann nur nach Ihrer Schweigepflichtentbindung und unter Angaben bestimmter fallbezogener Daten die Dokumentationen und Asservate bei dem zuständigen Institut für Rechtsmedizin anfordern.
Werden die gesicherten Asservate direkt untersucht?
Nein, zunächst nicht, aber ordnungsgemäß gelagert.
DNA-Asservate werden erst nach Ihrer möglichen Anzeigeerstattung und Schweigepflichtentbindung und einem Auftrag der Ermittlungsbehörden untersucht. Molekulargenetische Untersuchungen stellen (noch) keine Kassenleistung dar.Die forensisch-toxikologische Untersuchung von Blut und Urin wird hingegen von den gesetzlichen Krankenkassen dann übernommen, wenn die Untersuchung aus ärztlicher Sicht sinnvoll und geboten ist (richtige Indikationsstellung!)